Impressionen vom Glasstelen-Weg Fotos: Stefanie Waske
Boffzen besitzt ein selten breites Spektrum der Glasindustrie: Neben modernen Produktionsstätten finden sich frühere Betriebsstätten, Fabrikantenvillen und betriebliche Arbeiterhäuser, zudem Zeugnisse vergangener handwerklicher Glasmacherkunst. Sie dokumentieren die Blütezeit der Glashütten, die wiederholten Krisen und das nicht immer konfliktfreie Verhältnis von Arbeit und Kapital. Wir laden Sie herzlich ein, diese zu entdecken – zu Fuß, per Rad oder hier im Internet.

- Villa August Becker
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- Villa der Familie von Campe
- Villa Noelle von Max Eugen Noelle
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- Die Anfänge von Noelle & von Campe
- Noelle & von Campe in Kriegen und Krisen
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- Der Konsum in Boffzen
- Arbeiterhäuser der Glashütte Noelle & von Campe
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- Die Arbeitersiedlung Steinbreite
- Die Georgshütte
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- Wachstum durch Glasverpackungen – Noelle & von Campe 1950-1980
Was gibt es zu entdecken?
Seit über 150 Jahren prägt die Glasindustrie Boffzen: 1866 gründeten hier lokale Unternehmer die erste Glashütte. In den 1870er Jahren übernahmen August von Campe und die Lüdenscheider Brüder Heinrich und August Noelle das Werk, nun Noelle & von Campe Glashütte.
Die Tradition der Glashütten in den Wäldern des Sollings endete, mit der Industrialisierung wurden größere Standorte an Bahnlinien interessanter: 1864 entstand die Linie Kreiensen-Höxter, 1876 folgte Holzminden-Scherfede mit Halt in Boffzen. Kohle für die Glasöfen wurde angeliefert, fertige Waren rasch versandt.
Diese Vorteile sah auch der Glashüttenbesitzer Wilhelm Becker, der seine Standorte in Neuhaus (1850) und Rottmünde (1856) 1872 um die Georgshütte in Boffzen ergänzte. Sie produzierte, wie auch Noelle & von Campe, zunächst für nationale, dann auch für internationale Märkte. Ab Mitte der 1930er Jahre ersetzten Maschinen langsam die ehedem handwerkliche Produktion. Beide Glashütten hatten eine breite Produktpalette, stellten Gebrauchshohlglas und Konservengläser her, zudem Trinkgläser, Lampen- oder Medizinglas.
Beschäftigte und Eigentümer der Glashütten passten sich immer wieder an politische und wirtschaftliche Veränderungen an: Sie erfreuten sich am langen Aufschwung im Kaiserreich, litten an Produktionslenkung und fehlenden Rohstoffen im Ersten Weltkrieg und wegbrechenden Aufträgen während der Weimarer Republik. Die Weltwirtschaftskrise war für Noelle & von Campe existenzbedrohend, der Betrieb konnte nur dank regionaler Investoren fortgesetzt werden.
Das NS-Regime schottete die Glashütten international ab und band sie in die Aufrüstung ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der internationale Wettbewerb rasch. Noelle & von Campe konzentrierte sich zunehmend auf Verpackungsglas. Die Georgshütte setzte auf dekorative Haushaltsgläser, konnte sich schließlich nicht gegen internationale Konkurrenz behaupten und schloss 1989. Noelle & von Campe war erfolgreich, konnte 2009 im Ort ein zweites Werk eröffnen und will weiter expandieren.
Konzept und Text: PD Dr. Uwe Spiekermann, Dr. Stefanie Waske Gestaltung Glasstelen: Angelika Reuter Gestaltung Internetseiten: Dr. Stefanie Waske Englische Übersetzung: Dr. Ian and Regine Gatfield
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