Der Konsum in Boffzen

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Mehr zum Thema: Konsumgenossenschaften in Deutschland (und in Boffzen) – Ein Überblick

Der ehemalige Konsum 2020 Foto: Stefanie Waske

Einkaufen im späten 19. Jahrhundert war mühselig und teuer: Die wenigen kleinen Läden boten eine überschaubare Zahl haltbarer Grundnahrungsmittel. Eier, Milch und Kartoffeln kaufte man von örtlichen Bauern, zog Gemüse selbst, hielt Kleinvieh. Gebrauchsgegenstände boten Hausierer oder Läden in Höxter und Holzminden.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in Deutschland zudem Konsumvereine, genossenschaftliche Vereinigungen von Konsumenten zum gemeinsamen Wareneinkauf. Sie verkauften günstiger, die Genossen waren Käufer und Anteilseigner zugleich. Vorrangig Arbeiter verbesserten durch Selbsthilfe ihre Einkaufsmöglichkeiten. 1891 unterstützte Max Eugen Noelle, Teilhaber der Glasfabrik Noelle & von Campe, die Gründung einer solchen Konsumgenossenschaft.

Der Konsumverein im Wandel der Zeit: (l.) 1940er Jahre unter der Leitung von August Kaiser, Foto: Familie Ursula und Kurt Meyer, (r.o.) 1950er Jahre, Angestellte Erika Scholz vor dem Laden (r. u.) 1960: Marktleiter Wilhelm Meyer mit Ehefrau Gertrud, Tochter Erika und den Enkeln, Petra (l.) und Klaus Fotos (2): Familie Scholz

Die Glashütte baute dieses Zweifamilienhaus mit Ladengeschäft. Im „Konsumverein Brückfeld“ erhielten die Genossen relativ billige,unverfälschte Lebensmittel und selbst Branntwein. Die Waren mussten bar bezahlt werden, Überschüsse wurden am Jahresende verteilt. Das Angebot überzeugte: 1897 hatte der Verein bereits 113 Mitglieder, griff also über die Belegschaft der Glashütten hinaus.
Bis 1948 führten zumeist frühere Glasmacher das Geschäft, zuletzt das für seine selbst zubereiteten Heringe und Kleinspeisen bekannte Ehepaar Kaiser. Der Konsumverein blieb mit knapp 100 Mitgliedern auch während des Nationalsozialismus bestehen und wurde 1942 von der Deutschen Arbeitsfront übernommen. Ab 1948 war er wieder Teil der Konsumgenossenschaft Weserbergland.
Der Kaufmann Wilhelm Meyer leitete fortan den Laden. 1969 wurde das Geschäft Teil der neu gegründeten co op-Gruppe. Vier Jahre später endete die Geschichte der Konsumgenossenschaft: Kurt Meyer kaufte das Haus und führte im Laden bis 1991 eine Fleischerei. Danach wurde der ehemalige Konsum zum Mehrfamilienhaus umgebaut.

Luftaufnahme von der Glashütte 1950, am linken Bildrand das Konsumgebäude Foto: Elisabeth Pophal