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Impressionen der Villa Becker, Glasmuseum Boffzen, 2016 Fotos: Stefanie Waske
Glashüttenbesitzer August Becker und seine Ehefrau Else verrieten mit ihrer 1905 errichteten Villa einiges über sich: Für das Mauerwerk wählten sie Wesersandsteine, und das seitliche Fachwerk erinnerte
an die traditionelle Bauweise der Region. Die Villa fügte sich harmonisch in die Gegend ein und überragte doch die meisten Häuser Boffzens. Sie verkörperte unternehmerischen Ehrgeiz und Erfolg.
Die Glashütte der Familie, die Georgshütte „G. Becker & Co.“, lag in direkter Nachbarschaft; der Chef war noch nah.

Porträt des Unternehmerehepaares August und Else Becker 1926 Foto: Archiv Glasmuseum Boffzen
Die bunten Glasfenster der Villa verweisen auf eine 500-jährige Familiengeschichte. Vorfahren August Beckers finden sich bereits in der Spessart-Ordnung des Glasmacherbundes von 1406. Er selbst hatte die Georgshütte 1902 übernommen.
Die Villa gab August Beckers Familie ein Zuhause. Handwerkskunst prägte nicht nur die Glasproduktion, sondern auch die Innenräume: Das Wohnzimmer zierte eine aufwändig gearbeitete rot-grüne Holzvertäfelung; die großzügigen lichtdurchfluteten Wohnräume ließen sich mit Schiebetüren öffnen oder trennen. Wenige Monate nach dem Einzug kam der erste Sohn, Georg Wilhelm Becker, zur Welt. Ihm folgten bis 1917 drei Geschwister. „Frau Fabrikbesitzer Becker“ annoncierte im August 1918, sie suche „ein zuverlässiges, erfahrenes Fräulein“ für ihre vier Kinder. Dieses solle vor allem gut nähen und plätten – also bügeln – können, Klavierspiel sei erwünscht.

Zeichnung der Villa, undatiert Foto: Archiv Glasmuseum Boffzen
Jahrzehntelang diente die Villa der Familie Becker als Wohnhaus. Während des Zweiten Weltkrieges kamen Familien aus dem Ruhrgebiet hinzu, deren Häuser durch Bomben zerstört worden waren. Nach Kriegsende folgten Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Von 1991 bis 2019 beherbergte die Villa das Glasmuseum der Gemeinde Boffzen. Bis heute ist das Haus im Familienbesitz.
Glasmuseum Boffzen: Blick in die Dauerausstellung 2016, Sonderausstellung zu Wilhelm Wagenfeld 2015 Fotos: Stefanie Waske