„Der Fabrikunternehmer Friedrich Bartling aus Werste beabsichtigt in Gemeinschaft mit Hermann Witte aus Magdeburg und dem Halbmeier Heinrich Schmidt aus Boffzen auf der Steinbreite in der Feldmark Boffzen neben der Fürstenberger Straße und dem Communicationswege nach Boffzen eine Glashütte nebst Wohnungen für Fabrikarbeiter zu errichten.“ (1) Mit dieser lapidaren Bekanntmachung in der Braunschweigischen Landeszeitung und Holzmindener Anzeiger vom 26. Juli 1866 begann die moderne Glasgeschichte Boffzens. Sie stellte einen klaren Bruch mit der weit in die frühe Neuzeit zurückreichenden Tradition der Waldglashütten dar, kleine Handwerksgewerke nah am Brennstoff Holz.

Ankündigung eines neuen Kapitels der Boffzener Geschichte (Braunschweigische Landeszeitung und Holzmindener Anzeiger 1866, Nr. 60 v. 28. Juli 1866, 6)
Ein Gründungstrio
Am Anfang der Boffzener Glasindustrie standen also die Herren Bartling, Witte und Schmidt – nicht die erst später prägenden Familien Becker, von Campe und Noelle. Sie bündelten ihre Kräfte, „um auf gemeinschaftliche Rechnung eine Fabrikanlage mit den dazu nöthigen Wohnhäusern einzurichten und dernach die Fabrikation von weißem Hohlglas zu betreiben.“ (2) Die drei waren Gewerbetreibende, Wirtschaftsbürger, „Kapitalisten“, die eine Chance auf Einkommen, Gewinn und Wohlstand sahen. Das war recht typisch für die 1860er Jahre, selbst im relativ rückständigen Herzogtum Braunschweig. Der Staat zog sich nach der Revolution von 1848/49 zunehmend aus dem Wirtschaftsgeschehen zurück, Bürger nutzten dies auch als Ausgleich für die begrenzten politischen Mitspracherechte. Die industrielle Aufwärtsentwicklung hatte sich verstetigt. Die deutschen Staaten waren im Deutschen Bund zusammengeschlossen, der 1864 Dänemark geschlagen hatte. Doch Preußen, industriell fortgeschritten und Vormacht im 1834 gegründeten Deutschen Zollverein, gewann an Macht. Das Herzogtum Braunschweig, dessen auch Boffzen umgreifendes Staatsgebiet vor allem durch viele Grenzen geprägt war, war dem Zollverein schon 1842 beigetreten, der große Rivale, das Königreich Hannover, war 1854 gefolgt. Das erlaubte nicht nur wirtschaftliches Wachstum, sondern auch die Ankopplung an regionale und überregionale Märkte. Eisenbahnen halfen das Land zu erschließen, erlaubten Güter- und Warentransport, ermöglichten die billigere Produktion auch von Glas. Das Umfeld für eine Firmengründung schien also günstig, mochte der einen Monat vor der Zeitungsnotiz ausgebrochene „Deutsche Krieg“ zwischen den von Preußen bzw. Österreich geführten Koalitionen auch zu Verwerfungen führen. Im Juli 1866 hatte die Schlacht von Königgrätz den Krieg bereits zugunsten Preußens entschieden, zugunsten auch von Braunschweig, einem Mitglied der siegreichen Koalition. Die Gründung der Boffzener Glashütte setzte auf Frieden, auf weiteren wirtschaftlichen Aufschwung im anvisierten Norddeutschen Bund, vielleicht gar im vom Bürgertum größtenteils gewünschten Deutschen Reich.
Wir wissen nicht viel über die drei Unternehmer. Wichtig aber war, dass sie ihre unterschiedlichen Fähigkeiten verbanden, um gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Friedrich Bartling war Bauunternehmer, Heinrich Schmidt Zimmermeister, Hermann Witte Porzellanproduzent – sie konnten bauen, konnten Betriebe führen, hatten das nötige Grundkapital. Doch über die Personen ist nicht viel überliefert worden. Friedrich Bartling, der Bauunternehmer, lebte und arbeitete in Fürstenberg, in Sichtweite der geplanten Glasfabrik. Er stammte aus dem ostwestfälischen Werste, einem heutigen Stadtteil von Bad Oeynhausen im Kreis Minden-Lübbecke, wo er am 30. März 1827 geboren wurde. (3) Heinrich Schmidt war zwei Jahre jünger. Er stammte aus Boffzen, war Halbmeier, also ein tributpflichtiger Kleinbauer. Doch er sattelte um, setzte zudem auf die Holzwirtschaft der Region, wurde Zimmermeister und Sägewerkbetreiber. Wie viele Gewerbetreibende war er in Rechtshändel verstrickt: Er führte Prozesse gegen die Witwe des Vollmeiers Heinrich Hansmann aus Boffzen wegen eines Fußweges und gegen die Schule des Ortes wegen der Nutzung eines Heuweges. (4) Was uns antiquiert anmutet, war damals elementar, ging es doch um Freizügigkeit und Besitzrechte, also um die Grundlagen bürgerlicher Freiheit.
Über den Dritten im Bunde wissen wir mehr: Hermann Witte stammte aus dem preußischen Magdeburg, einer Handels- und Industriestadt, bekannt für Zucker und Zichorie, Metallwaren und Maschinen jeder Art. Geboren am 23. Dezember 1840 war er Sohn von Heinrich Witte sen., der im September 1862 zusammen mit Wilhelm Freytag die Porzellanmanufaktur Fürstenberg vom Herzogtum Braunschweig gepachtet hatte. (5) Witte sen. war ein Mann vom Fach, zuvor Dreher in der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin und technischer Leiter der Porzellanfabrik Buckau bei Magdeburg. In Fürstenberg liefen die Geschäfte in den 1860er Jahren sehr erfolgreich – und damit besaß die Familie genügend Kapital, um in eine Glashütte zu investieren. (6) Das war wohl Teil der typischen Strategie von Familienunternehmern dieser Zeit: Es galt, Hermann Witte und seinem Bruder eigene unternehmerische Existenzen aufzubauen. Der jüngere Friedrich Hermann Witte (geboren am 6. August 1847 in Buckau) wurde wenige Jahre später, 1872, Mitglied der Geschäftsleitung in Fürstenberg, nachdem Mitinhaber Wilhelm Freytag ausgestiegen war. (7)
Wagemut – Eine Investition in die neue Zeit
Das Gründungstrio besaß genügend Kapital, um 1866 den Firmengrund zu kaufen. Am 18. Juni 1866 erwarben sie vom Boffzener Landwirt Heinrich Hansmann ein Grundstück von 7.500 Quadratmetern. (8) Aus damaliger Sicht lag es verkehrsgünstig, an der Chaussee von Fürstenberg nach Holzminden – und zudem in unmittelbarer Nachbarschaft zur Sägemühle des Mitinhabers Heinrich Schmidt.

Lageplan der Boffzener Glashütte 1866 – mit den späteren Erweiterungen der Firma Noelle & von Campe im 19. Jahrhundert (Archiv Freundeskreis Glas)
Die Motive der drei Gründer, just in eine Glashütte zu investieren, sind nicht im Detail überliefert. Glas und Porzellan werden aus ähnlichen Rohstoffen hergestellt – dies war gewiss ein Argument für die Familie Witte, investierte man doch in ein ähnliches Gewerbe. Beide Branchen erfuhren damals grundsätzliche Veränderungen, denn sie wurden teils privatisiert: Sowohl in der Porzellan- als auch in der Glasherstellung gingen herzoglich-braunschweigische Manufakturen an private Unternehmer über. Die ehedem rein handwerkliche Produktion wurde neu organisiert, zum Markt hin geöffnet und mit ersten Maschinen experimentiert. Die Grünenplaner Spiegelglashütte war bereits 1830 in den Privatbesitz von Friedrich Carl Ludwig Koch überführt worden. Die wirtschaftspolitische Umkehr reagierte auf den wachsenden Wettbewerbsdruck durch auswärtige Konkurrenz und die beträchtliche Verteuerung des Brennholzes im Solling. Grünenplan wies einen Ausweg aus der Krise der Sollinger Glasindustrie, spezialisierte sich die Firma doch auf sehr reines Glas für optische Zwecke, weitete zugleich ihren Absatz über die Region aus. (9)
Die Verkehrsanbindung war also zentral – und das betraf nicht allein die Lage an der Handelsroute gen Holzminden. 1864 war auf westfälischer Seite die Eisenbahnlinie von Altenbeken nach Höxter in Betrieb genommen worden, 1865 folgte unter braunschweigischer Federführung die Linie von Holzminden nach Kreiensen (und weiter nach Braunschweig). Damit konnte die Rohstoff-, insbesondere aber die Energiezufuhr entscheidend verbilligt werden. Die Neugründung bei Boffzen sollte nicht mehr, wie die alten Sollinger Hohl- und Tafelglashütten, mit Buchenholz, sondern mit Kohle beheizt werden – und die kam per Eisenbahn aus den neu errichteten Zechen des Ruhrgebiets.
Der Wandel der Glasindustrie zur damaligen Zeit spiegelte sich im Gründertrio. Prägten zuvor Glasmacherfamilien das Gewerbe – Väter führten vielfach ihre Söhne in die Glasmacherkunst ein – so investierten nun fachfremde Investoren und machten damit den im Niedergang begriffenen Sollinger Glashütten neue Konkurrenz. Umso wichtiger war neben dem Faktor Boden der Faktor Arbeit. Für ein gutes Geschäft war es entscheidend, einen erfahrenen Hüttenmeister und eine Kernmannschaft fähiger Glasmacher anzuwerben, denn nur so konnte die technische Seite des Geschäfts reibungslos laufen. Von Beginn an ging es daher nicht nur um eine Glashütte, sondern auch um die „nötigen Wohnhäuser“ (10). Als Hüttenmeister warben die Gründer Friedrich Hackel von der nahe Boffzen gelegenen Glashütte Rottmünde ab. (11) Dieser erkannte, dass er in einer guten Verhandlungsposition war. Er erhielt neben seinem Jahressalär von 400 Talern auch freie Wohnung und Feuerung sowie fünf Prozent des Gewinns. (12)

Industrieansiedlung auf der grünen Fläche: Bauplan der Glasfabrik 1870 (Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel, 130 Neu 3 Nr. 17)
Die Glashütte entsprach den Blaupausen damaliger Ratgeberliteratur. Der wirtschaftliche Erfolg hing dabei von der angemessenen Wahl des Glasofens ab, der wie die frühen Dampfmaschinen den Mittelpunkt des Betriebes bildete. Dies zeigte sich schon bei der ersten Gesellschafterversammlung am 29. Oktober 1866, die das Ergebnis betrieblicher Suchbewegungen zusammenfasste: „Betreff des Ofenbauer ist bestimmtes noch nicht festgestellt, wenn auch allen der Vorteil, welcher der Siemsche [sic!] Ofen hat einleuchtet, so kann doch eine Entscheidung nicht herbei geführt werden, da bei einer so hochwichtigen Einrichtung erst sich Jemand über die wirkliche Zweckmäßigkeit informieren müßte, was zunächst dadurch geschehen soll, daß einer der Herren in möglicher Begleitung des Herrn Hackel eine oder mehrere Fabriken besichtigt.“ (13) Diese kleine Passage spiegelt die Umbrüche der Branche, ihren Weg in die neue Maschinenwelt. Denn auf die Gründungsbekanntmachung folgte ein Schriftwechsel erst mit den Repräsentanten, dann mit dem Patentinhaber Friedrich Siemens selbst. Er hatte Ende der 1850er Jahre einen neuartigen Regenerativofen entwickelt, der nach einigen Modifikationen ab 1864 erst in der Stahl-, dann auch in der Glasindustrie Verbreitung fand. Er verbesserte die Mitte des Jahrhunderts aufkommenden Öfen mit indirekter Feuerung: Das Brennmaterial wurde in Generatoren verbrannt, das entstehende Gas dann in den eigentlichen Ofen gelenkt, wo es unter Luftzufuhr verbrannte. Es wurde dann durch Kammern aus feuerfestem Stein, den Regeneratoren, geleitet, um schließlich den Schmelzprozess des Glasgemenges in Gang zu setzen und zu halten. Siemens pries Hermann Witte die Vorteile an, nämlich Ersparnis an Brennstoff, an Flussmitteln, die Darstellung eines ganz reinen Glases und die schnellere Schmelzung. (14) Der Nachteil des 1866 nochmals speziell für die Glasproduktion modifizierten Regenerativofens lag jedoch in den wenigen bisher vorliegenden Erfahrungen und seinem relativ hohen Preis. Aus diesem Grunde orderte die Glashütte einen einfacheren und billigeren Ofen, den der frühere Siemens-Ingenieur Boetius seit 1864 auf eigene Rechnung vertrieb. (15) Gegenüber den seit Anfang des 19. Jahrhunderts genutzten Öfen mit ersten Rosten steigerte er die Temperatur durch die Einspeisung von Luft zur Flamme und erreichte damit eine Ersparnis von beträchtlichen 30% Brennmaterial. (16) Das war gewiss keine schlechte Wahl, verwies aber auch auf die begrenzte Kapitaldecke der Investoren. Wenige Jahre später optierte die Nachfolgefirma Noelle & von Campe dann für einen Siemensschen Regenerativofen, der sich in den 1870er Jahren als Standard etablierte: Von den 1877 im Deutschen Reich eingerichteten Glasöfen liefen 336 mit Gasfeuerung, davon 208 nach dem System Siemens, 67 nach dem von Boetius. (17)

Raumplan der 1867 in Betrieb genommenen „Glasfabrik Steinbreite Schmidt & Witte“ (Archiv Freundeskreis Glas)
Der Boetius-Ofen bildete mit seinen sechs Häfen den Mittelpunkt des Fabrikgebäudes, das man sich nicht zu allzu groß vorstellen sollte. Der eigentliche Schmelz- und Arbeitsraum war nur wenig größer als die auf dem Fabrikgelände gelegene Wohnung des Hüttenmeisters Hackel. Die Bauarbeiten wurden im Sommer 1866 aufgenommen, doch gab es wegen der langwierigen Ofenauswahl und des schlechten Wetters Verzögerungen. Die Glashütte nahm als „Glasfabrik Steinbreite Schmidt & Witte“ schließlich im Sommer 1867 ihre Produktion von weißem Hohlglas auf, produzierte vor allem Lampenzylinder, Trinkgläser und Branntweinflaschen. (18)
Geschäftsbetrieb
Der Geschäftsbetrieb litt anfangs noch unter technischen Problemen, auch Musterbücher waren Mitte 1867 noch nicht erstellt. (19) Dennoch konnte man damals schon Bierseidel, Weingläser, Trink- und Likörgläser sowie Branntweinflaschen liefern. Parallel galt es, Lieferanten für hochwertige und zugleich preiswerte Rohstoffe zu finden, gab es damals doch noch keine Normierung derartiger Güter. Ähnliches galt für Glasfarben. Ab dem Spätsommer 1867 wurden Preisverzeichnisse versandt, der Absatz erfolgte zumeist über Großhändler. (20) Zudem richtete man erste Agenturen ein. (21) Die Nachfrage entwickelte sich offenbar günstig, allerdings kam man mit dem Formenbau nicht nach, hatte trotz dienstfertigen Bemühens Schwierigkeiten, passgenaue Kundenwünsche zu befriedigen. (22)
Die „Glasfabrik Steinbreite Schmidt & Witte“ setzte ihre Produkte vor allem regional ab, also in Braunschweig, Hannover, Westfalen und dem Rheinland. Die Rohwaren kamen vornehmlich aus dem Westen, aus Westfalen und dem Rheinland. Die nicht allzu zahlreichen Geschäftsschreiben verdeutlichten nicht nur die beträchtlichen Schwierigkeiten bei der Zahlung von Rechnungen, den einschlägigen Rabatten und Skonti und die Probleme eines auf Wechselzahlungen gründenden Geschäftes. Die damit einhergehenden Finanzierungsschwierigkeiten waren offenkundig. Explizit hieß es, da „wir nun in den nächsten Tagen Verbindlichkeiten nachzukommen haben, so würden Sie uns sehr verbunden, wenn Sie uns unser Guthaben einsenden wollen.“ (23) Dies waren übliche Probleme im damaligen Geschäftsbetrieb, doch sie verwiesen zurück auf die geringe Kapitalausstattung der neuen Firma. Das Gesellschaftskapital lag nominell zwar bei 45.000 Talern, doch war dieses zum größeren Teil nicht eingezahlt worden, sollte vielmehr durch die einbehaltenen Gewinne der Glashütte erreicht werden. (24)
Das Auseinanderbrechen eines Gründungstrios
Vor diesem Hintergrund waren Konflikte zwischen den drei Gründern nicht überraschend. Schon 1867 schied Bauunternehmer Friedrich Bartling nach deutlichen Meinungsverschiedenheiten über die Bausumme aus der Gesellschaft aus. (25) In einem Schreiben schlug er Heinrich Schmidt eine Zahlung von 5600 Talern vor und verwies auf seine angespannte finanzielle Situation, „indem ich doch nun schon seit 1 ½ Jahren nur von meinem baaren Gelde gezehrt habe, und nichts verdient“ (26) habe. Die Fertigstellung der Hüttenanlage war für ihn vorrangig, nicht jedoch das langfristige Engagement in einer ihm branchenfernen Firma. Später folgten weitere Unstimmigkeiten mit dem Hüttenleiter Hackel, die kurz vor einer rechtlichen Auseinandersetzung standen, doch noch gütlich bereinigt werden konnten. (27) Bartlings Ausscheiden führte schon vor Produktionsbeginn zu einer Namensänderung von „Bartling & Co.“ – man folgte dem Senioritätsprinzip, war Bartling doch der älteste Gesellschafter – zu „Glasfabrik Steinbreite Schmidt & Witte“.

Auf der Suche nach qualifiziertem Personal (Kunst und Gewerbe 4, 1870, 144)
Doch auch die Familie Witte schied 1870 aus, verkaufte ihre Anteile an August von Campe. Es war eine Art Vorgriff auf mehrere Unglücksfälle dieser Familie: 1872 starb Friedrich Hermann Witte im Alter von nur 25 Jahren. Die im Kirchenbuch verzeichnete Todesursache war „akuter Rheumatismus“, so dass er nur kurz in der Geschäftsleitung der Porzellanmanufaktur Fürstenberg hatte wirken können. Sein Bruder Heinrich verlor im selben Jahr seinen zweieinhalbjährigen Sohn durch die Ruhr, eine der vielen damals noch wütenden Infektionskrankheiten. Zwei Jahre später starb er selbst mit 34 Jahren an einem Gehirnschlag. (28) Heinrich Witte sen. schied schließlich 1878 aus der Porzellanmanufaktur aus. (29)
Nach dem Ausscheiden von Heinrich Witte firmierte die Firma als „Schmidt & Co. Glasfabrik Steinbreite“. Doch 1874 verließ mit Heinrich Schmidt auch der letzte verbliebene Investor des Gründungstrios die Firma. Seine Anteile von zwei Dritteln des Kapitals verkaufte er an die Brüder Heinrich und August Noelle aus Lüdenscheid. Die neuen Eigentümer benannten die Glashütte um – seitdem firmierte sie bis 1974 unter dem Namen Noelle & von Campe, bis die damalige Geschäftsleitung das alte deutsche Und-Zeichen durch ein bilanznahes Plus-Zeichen ersetzte.
Uwe Spiekermann und Stefanie Waske, 1. November 2020
Anmerkungen
(1) Braunschweigische Landeszeitung und Holzmindener Anzeiger 1866, Nr. 60 v. 28. Juli 1866, 6 (Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel (NLA WO), 130 Neu 3 Nr. 17).
(2) Gesellschaftervertrag 1866, §1, Archiv Freundeskreis Glas.
(3) Noelle + von Campe. Chronik 1866-1981, Boffzen 1981 (Ms.), 1.
(4) NLA WO 40 Neu 10 Fb. 4 Nr. 395 und NLA WO 40 Neu 10 Fb. 4 Nr. 396.
(5) Aus dem Kirchenbuch Fürstenberg, Unterlagen Gord von Campe, Archiv Elisabeth Pophal.
(6) Christian Lechelt, Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Von der Privatisierung im Jahr 1859 bis zur Gegenwart, Braunschweig 2016, 19-20.
(7) Ebd., 20.
(8) Chronik, 1981, 1.
(9) Johannes Laufer, Von der Glasmanufaktur zum Industrieunternehmen. Die Deutsche Spiegelglas AG (1830-1955), Stuttgart 1997, insb. 28.
(10) Chronik, 1981, Anlage 3.
(11) Ebd.
(12) Ebd., Anlage 5.
(13) Protokoll des Gesellschaftertreffens v. 29. Oktober 1866, Archiv Freundeskreis Glas.
(14) Schreiben von Friedrich Siemens an Hermann Witte v. 30. September 1866, Archiv Freundeskreis Glas.
(15) Richard Ehrenberg, Die Geschichte der Brüder Siemens und ihrer Unternehmen bis 1870, ND Bremen 2011, 332.
(16) Robert Großmann, Die technische Entwicklung der Glasindustrie in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, Leipzig 1908, 18. Detailliert zur Ofentechnik: E[mil] Tscheuschner, Handbuch der Glasfabrikation nach allen ihren Haupt- und Nebenzweigen, 5. neu bearb. Aufl., Weimar 1885, 218-292; Robert Dralle, Anlage und Betrieb der Glasfabriken mit besonderer Berücksichtigung der Hohlglasfabrikation, Leipzig 1886, 2-261.
(17) H[einrich] Stegmann, Gasfeuerung und Gasöfen, Heidelberg 1881, 224.
(18) Chronik, 1981, 2.
(19) Schreiben von Schmidt & Witte an Rudolf Bartling, Hildesheim v. 9. Juni 1867, Archiv Freundeskreis Glas (auch für das folgende Zitat).
(20) Schreiben von Schmidt & Witte an Rudolf Merokolt, Halle/S. v. 9. September 1867, Archiv Freundeskreis Glas.
(21) Schreiben von Schmidt & Witte an Gustav Böckelmann, Wolfenbüttel v. 18. September 1867, Archiv Freundeskreis Glas.
(22) Schreiben von Schmidt & Witte an die Eisengießerei Schünemann, Dassel v. 11. Oktober und v. 21. Oktober 1867, Archiv Freundeskreis Glas.
(23) Schreiben von Schmidt & Witte an B. Michel & Co., Ehrenfeld v. 5. Dezember 1867, Archiv Freundeskreis Glas.
(24) Gesellschaftervertrag 1866, §3, Archiv Freundeskreis Glas.
(25) Schreiben von Friedrich Bartling an Heinrich Schmidt, undatiert [April 1867], Archiv Freundeskreis Glas.
(26) Schreiben von Friedrich Bartling an Heinrich Schmidt v. 11. Mai 1867, Archiv Freundeskreis Glas.
(27) Schreiben von Friedrich Bartling an Heinrich Schmidt und Hermann Witte v. 26. Februar 1869, Archiv Freundeskreis Glas.
(28) Kirchenbuch Fürstenberg.
(29) Lechelt, 2016, 21.
4 Gedanken zu „Wagemut und Kapitalmangel – Die Anfänge der Boffzener Glasindustrie 1866-1874“